Trinkwasser, unser Lebensmittel Nr. 1, ist schon lange kein so selbstverständliches Gut mehr wie noch vor ein paar Jahren. Die Ruhr sichert bisher als großes Verbundsystem eine ausreichende und qualitativ hochwertige Trinkwasserversorgung für rund 4,6 Mio. Menschen. Doch ist diese bei weiteren Krisen und Extremwetterereignissen noch sicher? Diese und weiterführende Fragen diskutierten Experten aus Wasserwirtschaft und Ministerium im „Trinkwasserforum Ruhr“ der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr e. V.
Der Umgang mit der Ressource Wasser wird auch in Deutschland ein immer ernsteres Thema. Im Einzugsgebiet der Ruhr ist die Trinkwasserversorgung durch die Talsperren im Sauerland ausreichend gesichert. Doch im Zuge des Klimawandels müssen die Weichen für eine flexiblere Talsperrenbewirtschaftung gestellt werden. Auch der Verbundausbau der einzelnen Wasserversorgungsunternehmen ist ein entscheidendes Element für eine nachhaltige Versorgungssicherheit, das angegangen werden muss. Des Weiteren gibt es Änderungen durch die neue Trinkwasserverordnung und es gilt in Kürze, die kommunalen Wasserversorgungskonzepte 2.0 auf den Weg zu bringen.
Alles in allem bewegte Zeiten für die Trinkwasserversorgung, die die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) dazu veranlassten, über die wichtigen anstehenden Themen in ihrem „Trinkwasserforum Ruhr“ im Online-Format zu informieren und sie zur Diskussion zu stellen.
Rund 100 Personen aus Politik, Behörden, Ministerium und Wasserversorgungsunternehmen nahmen am 24. August am dreistündigen Trinkwasserforum der AWWR teil. Matthias Börger, Abteilungsleiter IV – Wasserwirtschaft und Bodenschutz MUNV Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW, eröffnete die Fachvorträge mit dem Thema „Wasserschatz NRW – Weichenstellung für die Zukunft“ und stellte die unterschiedlichen Voraussetzungen für den Zugriff auf die Ressource Wasser innerhalb NRWs sowie kooperative Lösungen für die Zukunft vor.
Prof. Norbert Jardin, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbands, belegte mit Daten und Fakten eindeutig, dass der Klimawandel in NRW angekommen ist und zeigte die deutlichen Auswirkungen auf das Talsperren-/Flusssystem Ruhr auf. Sein Appell vor diesem Hintergrund: es wird ein flexibleres Talsperrenmanagement benötigt, zu dem es bereits einen konkreten Umsetzungsvorschlag gibt.
Bernd Heinz, Vorsitzender der AWWR und Geschäftsführer der Wasserwerke Westfalen GmbH, zeigte anhand der Geschichte der Trinkwassergewinnung die Wandlungsfähigkeit der Branche auf – Wasserknappheit in den 1940ern, Mengenwachstum bis in die 1970er, Strukturwandel ab der 1980er. Auch in der heutigen Zeit des Wandels sind die Stellschrauben für eine zukunftsfeste Trinkwasserversorgung bekannt. Verbesserungspotentiale bei den Prozessen durch neue Genehmigungsverfahren und Verwaltungsentscheidungen sind eine davon.
Detailliert aufgeführt wurden die Herausforderungen der kommunalen Wasserversorger von Matthias Lürbke, stellvertretender Vorsitzender der AWWR und Geschäftsführer Stadtwerke Menden GmbH. Neben dem Weg zu einer klimaneutralen Wasserversorgung über Eigenstromerzeugung durch Wasserkraft und Photovoltaik stehen hier Substanzerhalt und Verbundausbau ganz oben auf der Agenda.
Die wesentlichen Änderungen der neuen Trinkwasserverordnung wurden von Dr. Anne Soltwisch, Geschäftsführerin Westfälische Wasser- und Umweltanalytik GmbH, vorgestellt. Hierbei standen die neue risikobasierte Methodik und die teils niedrigeren Grenzwerte der verschiedenen Parameter im Vordergrund. Die Einhaltung der Grenzwerte scheint anhand der vorgestellten aktuellen Analysewerte in dieser Ersteinschätzung gesichert.
Lars Richters, MUNV Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW, und Martin Böddeker, Geschäftsführer AWWR/Gelsenwasser AG, stellten die Anforderungen an die Kommunalen Wasserversorgungskonzepte 2.0 vor. Die strukturellen Veränderungen müssen bis Mitte 2024 ausgearbeitet sein. Das Konzept mit ganzheitlicher Sicht auf die Trinkwasserversorgung hat sich bewährt und ist beispielgebend für andere Bundesländer.
Im Anschluss an die Fachvorträge gab es eine Podiumsdiskussion unter der Moderation von Arnt Baer, Leiter Verbände und Politik der Gelsenwasser AG. Von den Teilnehmenden zu den unterschiedlichsten Themengebieten gestellte Fragen und Anregungen wurden von der Referenten aufgenommen, erklärt und diskutiert. Sie führten zu einem einheitlichen Fazit: die in und für die Wasserwirtschaft Verantwortlichen müssen gemeinsam die Ärmel hochkrempeln und die Lösungsansätze für die aktuellen Herausforderungen gemeinschaftlich und schnell auf den Weg bringen. Ein erfolgsversprechender Schritt der Verständigung und Kooperation hat mit dem „Trinkwasserforum Ruhr“ bereits stattgefunden.