Die Kläranlagen des Ruhrverbands zeichnen sich im Leistungsvergleich durch hervorragende Ablaufergebnisse aus. Bei einem Anschlussgrad von über 99 Prozent der EinwohnerInnen im Ruhreinzugsgebiet wurden im Jahr 2023 rund 479 Millionen Kubikmeter Abwasser auf den Verbandskläranlagen gereinigt. „Die hohe Leistungsfähigkeit der Ruhrverbands-Kläranlagen spiegelt sich in der ökologischen Gewässergüte der Ruhr und ihrer Nebengewässer wider. Im Betrachtungszeitraum 2018 bis 2023 konnte an 368 von 381 Untersuchungsstellen, also in 97 Prozent aller betrachteten Gewässerabschnitte, ein guter oder sehr guter Zustand hinsichtlich der abbaubaren organischen Stoffe festgestellt werden.“ Das betonten Prof. Norbert Jardin, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbands, und Bernd Heinz, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR), bei der gemeinsamen Vorstellung der 51. Ausgabe des Ruhrgüteberichts am 25. September 2023 in Essen.
Neue Anforderungen aus Europa
Im Zuge des „Green Deal“ hat der europäische Gesetzgeber jedoch beschlossen, die Anforderungen an die kommunale Abwasserreinigung zu verschärfen. Die verschärften Anforderungen an die Nährstoffelimination, also die Entfernung von Stickstoff und Phosphor, werden bereits heute von fast allen Kläranlagen des Ruhrverbands erfüllt. Für die Elimination von Spurenstoffen müssen die drei größten Kläranlagen des Verbandes bis 2045 mit einer vierten Reinigungsstufe nachgerüstet werden. Bei zehn weiteren Anlagen besteht aus dem Maßnahmenprogrammen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ebenfalls eine Verpflichtung zum Bau einer vierten Reinigungsstufe. Ein Meilenstein in der europäischen Wasserpolitik ist die erstmalige Verankerung des Verursacherprinzips in der Abwasserrichtlinie. Zukünftig müssen die Hersteller und Inverkehrbringer 80 Prozent der Betriebs- und Kapitalkosten der vierten Reinigungsstufe übernehmen.
Ruhrverband ist Energieneutral
Die neue EU-Gesetzgebung fordert auch für kommunale Kläranlagen Energieneutralität. „In der Jahresbilanz 2023 haben wir bereits mehr Energie aus eigenen umweltfreundlichen Quellen erzeugt, als unsere rund 800 wasserwirtschaftlichen Anlagen im Einzugsgebiet der Ruhr verbrauchen“, berichtet Norbert Jardin. In den vergangenen zehn Jahren hat der Ruhrverband seine jährlichen CO2eq-Emissionen um 40.000 Tonnen reduziert. Ziel ist es, bis 2030 eine ausgeglichene Klimabilanz zu erreichen. Dazu sollen in den nächsten Jahren unter anderem weitere Photovoltaikanlagen und eine solare Klärschlammtrocknung errichtet sowie die besonders klimaschädlichen Lachgasemissionen auf Kläranlagen reduziert werden.
Klimawandel und Talsperrenmanagement
Angesichts des fortschreitenden Klimawandels sind Klimaschutzanstrengungen dringend erforderlich. Das Jahr 2023 führt zusammen mit dem Jahr 2022 mit einer Jahresmitteltemperatur von jeweils 10,2 °C die Rangliste der wärmsten Kalenderjahre seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1881 an. 2023 war gleichzeitig das nasseste Jahr seit Beginn der Niederschlagsaufzeichnungen des Ruhrverbands im Jahr 1927. Damit endete eine außergewöhnliche Trockenperiode von 14 Abflussjahren in Folge. Das außergewöhnlich lang anhaltende Hochwasser von Weihnachten 2023 bis in die ersten Januartage 2024 ist ein weiterer Beleg für den fortschreitenden Klimawandel. Mit höheren Niederschlägen im Winter und längeren Trockenperioden im Sommer wird die Bewirtschaftung der Wasserressourcen in den Talsperren dynamischer und anspruchsvoller. „Die in der Novelle des Ruhrverbandsgesetzes vorgesehene Absenkung des Mindestabflusses an den Pegeln Hattingen und Schwerte um jeweils drei Kubikmeter pro Sekunde wird uns helfen, künftige Trockenperioden besser zu überbrücken und die Trinkwasserversorgung von 4,6 Millionen Menschen klimaresilient aufzustellen“, erklärt Norbert Jardin.
Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR)
Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) sorgt für eine mengenmäßig stets ausreichende sowie qualitativ einwandfreie Trinkwassererzeugung im Ruhreinzugsgebiet. In Zeiten des Klimawandels sind eigene Energieerzeugung, Niedrigwassermanagement und Hochwasserschutz für sie zu Themen von zentraler Wichtigkeit geworden.
Erneuerbare Energie
Energiekrise, Klimawandel und Umbau der Stromerzeugung geben Stauanlagen und Wasserkraft eine neue Bedeutung als Zukunftselement für eine nachhaltige Trinkwasserversorgung. Mit 75,3 Millionen Kilowattstunden eigenerzeugtem Strom aus Wasserkraft konnten die AWWR-Mitgliedsunternehmen 2023 einen bedeutenden Teil der für die Trinkwassererzeugung benötigten Energie decken. “Die Wasserkraftanlagen liefern sichere und saubere Energie aus der fließenden Welle der Ruhr und leisten einen erheblichen Betrag zur CO2-Minderung“, so der AWWR-Vorsitzende Bernd Heinz.
Wasserqualität
Ein weiterer Baustein der Qualitätsvorsorge des Programms „Reine Ruhr“ des NRW-Umweltministeriums erfolgte mit der Inbetriebnahme der „Weitergehenden Aufbereitungsanlage“ (WAA) im Wasserwerk Hengsen. Nach vierjähriger Bauphase wurde die WAA der Wasserwerke Westfalen GmbH (WWW) im Juni 2024 in Betrieb genommen.
Die letzten zwei der insgesamt 21 um eine WAA zu ergänzenden AWWR-Wasserwerke, die sich aktuell noch in der baulichen Umsetzung befinden, sind die Werke Halingen (WWW) und Warmen (Energie- und Wasserversorgung Hamm GmbH). Die AWWR-Mitgliedsunternehmen haben zur Realisierung des Programms „Reine Ruhr“ bislang rd. 263 Mio. € investiert, das sind etwa 85 % der geplanten Gesamtinvestition von 310 Mio. €.
Für die bereits in 2022 stark in den Fokus genommenen Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS), die sogenannten „Ewigkeitschemikalien“, gelten ab 2026 und 2028 neue Grenzwerte für das Trinkwasser. An der Ruhr werden diese Grenzwerte bereits heute eingehalten.
„Mittelfristig muss der Eintrag in die Umwelt reduziert, noch besser vermieden werden. Die AWWR spricht sich für eine solche Ausstiegsstrategie ausdrücklich aus“, fordert Bernd Heinz den „Einstieg in den Ausstieg“ für die kritischen PFAS-Stoffe.
Wassermengenwirtschaft
Der Umgang mit Hochwassergefahren bleibt ein Dauerthema, wie die aktuelle Hochwassersituation in den benachbarten Ländern zeigt. Das letzte Hochwasser an der Ruhr hat die AWWR-Mitglieder zum Jahreswechsel 2023/2024 beschäftigt. Es ist glücklicherweise für die Wasserwerke glimpflich ausgegangen und Schäden, Reparatur- und Entsorgungskosten blieben überschaubar.
Der Hochwasserschutz in NRW verbessert sich nur langsam. „Es bedarf zügigerer Genehmigungen, neuer Auflagen sowie klarer Entscheidungen bei der Umsetzung. Konkret werden neue Hochwasserkarten, Bemessungswasserstände, eine Erweiterung des Pegelmessnetzes und Rückhalteflächen benötigt“, so der Aufruf von Bernd Heinz.
Mit einem an die heutigen Gegebenheiten angepassten Hochwasserschutz und einer flexibleren Talsperrenbewirtschaftung in den Trockenzeiten, die seit 2018 im Rahmen einer Anpassung des Ruhrverbandsgesetzes von Ruhrverband und AWWR gefordert wird und sich aktuell im parlamentarischen Verfahren befindet, kann die Trinkwasserversorgung für rd. 4,6 Mio. Menschen auch in den nächsten Dekaden trotz Klimawandels als gesichert angesehen werden.
Hintergrundinformationen AWWR
Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr e. V. (AWWR) engagiert sich seit über 75 Jahren für eine sichere Trinkwasserversorgung an der Ruhr. Sie ist ein freiwilliger Zusammenschluss von mittlerweile 18 Wasserversorgungsunternehmen von ihrer Quelle in Winterberg bis zur Mündung in den Rhein. Diese versorgen rund 4,6 Millionen Menschen, Gewerbe und Industrie an der Ruhr und teilweise darüber hinaus mit rund 240 Millionen Kubikmetern Trinkwasser pro Jahr. Wenn es um wasserwirtschaftliche Belange im Ruhreinzugsgebiet geht, tritt die AWWR als Interessenvertreter für den Fluss ein. Mehr Informationen unter www.awwr.de.
Link zum Herunterladen des Ruhrgüteberichts 2023
Essen, 25. September 2023