Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr e. V. (AWWR) ist ein freiwilliger Zusammenschluss von 18 Wasserversorgungsunternehmen an der Ruhr von ihrer Quelle in Winterberg bis zur Mündung in den Rhein. Ihre Mitgliedsunternehmen sind zur Sicherung ihres gemeinsamen wichtigen Ziels, der mengenmäßig stets ausreichende sowie qualitativ einwandfreien Trinkwassererzeugung für rund 4,6 Millionen Menschen, Gewerbe und Industrie im Ruhreinzugsgebiet, zu einer effektiven Interessengemeinschaft zusammengeschlossen.
Die Themen Wassermangel in Trockenzeiten, Wasserüberschuss und die Folgen in Hochwasserzeiten, Fragen der Ruhrwassergüte und Trinkwasserqualität sowie Material-/Energiemangel aus den Gründungsjahren sind heute noch so aktuell wie vor 75 Jahren.
Seit 2018 ist die AWWR intensiv mit vorausschauenden Maßnahmen hinsichtlich des Klimawandels beschäftigt, insbesondere mit der Verbesserung des Niedrigwassermanagements der Ruhr. Die extremen Dürrephasen in den Jahren 2018 bis 2020 haben das Talsperren-Management auf harte Belastungsproben gestellt. Den Kapazitäten der Talsperren, die in den Trockenperioden das Rohwasser für die Trinkwasserproduktion garantieren, sind Grenzen gesetzt. Um die Trinkwassergewinnung klimaresilient aufzustellen, benötigt es größeren Handlungsspielraum für den Ruhrverband (RV) zur vorsorgenden Bewirtschaftung der Talsperren. Daher ist eine Anpassung des Ruhrverbandsgesetzes mit neuen zukunftsfähigen Niedrigwasserabflüssen eine der wichtigsten Aufgaben von AWWR und RV.
Neben dem Niedrigwassermanagement steht die Verstärkung des Hochwasserschutzes seit dem fatalen Hochwasser im Sommer 2021 oben auf der Agenda. Hinzu kommen weitere Verbundlösungen und ein selektiver Kapazitätsausbau einzelner Wasserwerke, da die vormals historischen Überkapazitäten angesichts des erhöhten Trinkwasserbedarfs und dem fortschreitenden Klimawandel nicht mehr vorhanden sind.
Die AWWR-Mitgliedsunternehmen stehen von jeher für Umweltschutz und Nachhaltigkeit, was heutzutage auch das Energiemanagement als wichtigen Punkt beinhaltet. So wird über Energieeffizienzsteigerungen und dem Ausbau von erneuerbaren Energien stetig daran gearbeitet, das Produkt Trinkwasser noch klimafreundlicher herzustellen. Um den Strombedarf in noch höherem Maße über selbsterzeugte regenerative Energie decken zu können, ist der weitere Ausbau von Photovoltaik-Anlagen in den Wasserwerken in vollem Gange.
Hierfür werden die großen Dachflächen der neu gebauten „Weitergehenden Aufbereitungsanlagen“ genutzt. Ein weiterer großer Schritt ist die Errichtung von selbstbetriebenen PV-Freiflächenanlagen auf den Wasserwerksgeländen. Die ersten Anlagen ihrer Art in der Wasserschutzzone II sind bereits bei zwei AWWR-Mitgliedsunternehmen in Betrieb gegangen und haben bundesweit ein klares Zeichen für erneuerbare Energien in der Trinkwasserversorgung gesetzt.
So gewinnen die Ruhrwasserwerke mit Wasserkraft, Notstromaggregaten und PV-Anlagen eine sehr hohe Energiesicherheit und haben im Hinblick auf eventuelle Blackout-Szenarien ihre Hausaufgaben gemacht.
Dasselbe gilt für die Qualitätssicherung. 2011 begann aus Vorsorgegründen der Prozess der Errichtung „Weitergehender Aufbereitungsanlagen“ als Ergänzung zur naturnahen Wasseraufbereitung in den Ruhrwasserwerken. Die zusätzlichen Reinigungsstufen schaffen eine noch höhere Sicherheit gegenüber neuen mikrobiologischen oder chemischen Wasserinhaltsstoffen. 18 Wasserwerke wurden seither ertüchtigt und über 200 Mio. Euro investiert. Drei weitere Anlagen sind in der Umsetzung, dann ist für alle Werke der neue Standard etabliert und die Trinkwasserqualität für die kommenden Generationen gesichert.
Alle Maßnahmen für eine weiterhin sichere Trinkwasserversorgung können in einer starken Gemeinschaft besser und erfolgreicher gemeistert werden. Von daher: „Wenn die AWWR und ihre Fachausschüsse nicht schon gegründet wären, müssten wir es spätestens heute tun!“, so Bernd Heinz, Vorsitzender der AWWR, über die Bedeutung der Arbeitsgemeinschaft an der Ruhr.
Zur Geschichte der AWWR
Nach dem 2. Weltkrieg im Herbst 1947 kam es zu einer besonders angespannten Wassermengensituation. Vom damaligen Wirtschaftsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Professor Dr. Nölting, wurde „ein besonderer Ausschuss von Vertretern der Ruhrwasserwerkewirtschaft für die Dauer der diesjährigen Wassermangelzeit gutgeheißen.“ Dieser Ausschuss der Ruhrwasserwerke hielt seine erste Sitzung am 14. Oktober 1947 in Gelsenkirchen ab.
Die befürchteten Notmaßnahmen wurden nicht erforderlich. Anfang November 1947 beendeten ergiebige Niederschläge die angespannte Lage. Damit wäre erlasskonform auch die Arbeit des Ausschusses nach knapp einmonatiger Existenz beendet gewesen. Wieder war es der Wirtschaftsminister, der mit Datum vom 18. Februar 1948 das Fortbestehen des Ausschusses der Ruhrwasserwerke veranlasste und den Ausschuss aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen zur Ausschaltung der Gefahr des Wassermangels auch für kommende Wassermangeljahre bestehen ließ.
Die nun langfristige Aufgabe des Ausschusses war „vorausschauend und in laufender Verbindung mit den zuständigen Dezernaten der Regierungen alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, die die Voraussetzung einwandfreier Wasserversorgung von Bevölkerung, Bergbau und Industrie im rheinischwestfälischen Industriegebiet sicherstellen.“
Wassermangel war das Thema, das im Herbst 1947 zur Einberufung des Ausschusses führte, Hochwasserschäden an den Wassergewinnungsanlagen in Verbindung mit einem Mangel an Arbeitskräften und Material das Thema im Frühjahr 1948. Anfang 1949 wurde mit Sorge der zunehmende Anstieg der Keimzahlen im Ruhrwasser beobachtet und das Hygiene-Institut erstmals mit in den Ausschuss einbezogen.
So musste sich der Ausschuss bereits in den ersten Jahren seines Bestehens mit den wesentlichen und auch heute noch hochaktuellen Fragen der Wasserwirtschaft beschäftigen: Wassermangel in Trockenzeiten, Wasserüberschuss und die Folgen in Hochwasserzeiten und Fragen der Ruhrwassergüte, Trinkwasserqualität sowie Materialmangel.
In der Geschichte der AWWR folgten wichtige ereignisorientierte Themen wie die Untersuchungen auf Radioaktivität zu Zeiten der Kernwaffentests in den 50er Jahren oder die großen Wassermengenprobleme im Jahrhundert-Trockenjahr 1959 vor Vollendung der Biggetalsperre, für die konkrete Maßnahmen zur Einschränkung des Wasserverbrauchs eingeleitet werden mussten.
Die immer komplexer werdenden Fragestellungen und die Erkenntnis um die zunehmende Belastung der Ruhr erforderten ab 1972 die Bildung der heute noch so bestehenden Fachausschüsse Wassergüte, Wassergewinnung und Öffentlichkeitsarbeit.
1973 erschien erstmals der seitdem jährlich publizierte Ruhrwassergütebericht mit Erläuterungen zu den Untersuchungen und diversen Fachartikeln. Aufgrund häufig auftretender Gewässerverschmutzungen wurde 1986 ein gegenseitiger Benachrichtigungsplan ins Leben gerufen, der sogenannte Öl- und Giftalarmplan, heute umbenannt in AWWR Meldeplan Ruhr. 1987 legte die AWWR erstmalig die Zielwerte für die Qualität des Ruhrwassers der Öffentlichkeit vor. 1992 startete sie im Sinne des vorbeugenden Gewässerschutzes mit der „Kooperation Landwirtschaft“ ihr aktives Engagement für die Minimierung der Einträge von Nährstoffen und Pflanzenbehandlungsmitteln in die Gewässer.
Das Haupt- und Gründungsthema Wassermangel wurde in den 1990er Jahren abgelöst. Vor dem Hintergrund sinkenden Wasserbedarfs durch Rückgang von Kohle und Stahl entstanden freie Kapazitäten bei fast allen Wasserwerken an der Ruhr. Von daher waren nicht mehr fehlende Wassergewinnungskapazitäten und drohender Wassermangel die AWWR-Themen, sondern die Aufrechterhaltung einer preisgünstigen, sicheren und qualitativ einwandfreien Trinkwasserversorgung bei sinkender Wasserabgabe. In Folge wurden zwischen 1990 und 2016 Wasserrechte in Höhe von mehr als 100 Mio. Kubikmeter nicht mehr verlängert oder zurückgegeben und Wassergewinnungsanlagen aufgegeben.
2006 wurde die AWWR und ihre Mitgliedsunternehmen mit dem sogenannten PFT-Skandal – gesundheitsschädliche perfluorierte Tenside gelangten durch mit Industrieklärschlämmen vermischte Düngemittel über die Äcker im Sauerland in die Ruhr und konnten nicht mit den bis dato üblichen Verfahren aus dem Trinkwasser gehalten werden – vor eine riesengroße Herausforderung gestellt, die sie aber schnell und effektiv über den Aufbau von Pulveraktivkohledosierstationen zu lösen wussten.
Dieser mit größte Umweltskandal NRWs veranlasste die Landesregierung und die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr im August 2006 zur Unterzeichnung der „Arnsberger Vereinbarung“. Hier wurden grundlegende Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung und Reduzierung von Stoffeinträgen in die Ruhr getroffen, wie die Entwicklung von allgemeingültigen Zielvorgaben für die Trinkwasserversorgung und Abwasserreinigung und gemeinsame Anstrengungen zur Vermeidung von Einträgen an der Quelle. 2008 wurde mit dem Programm „Reine Ruhr“ zwischen der Landesregierung und den Wasserversorger an der Ruhr ein weiterer Schritt zur nachhaltigen Sicherung der Gewässer- und Trinkwasserqualität im Hinblick auf den Eintrag von Spurenstoffen ins Leben gerufen. Hier wurde die Ertüchtigung und die Investition in den Bau weitergehender Aufbereitungstechnik für die Ruhrwasserwerke von insgesamt 300 Millionen Euro entschieden, die heute kurz vor der vollständigen Umsetzung steht.
Nachdem1986 beschlossen wurde, den sich wandelnden Aufgaben und dem geänderten Selbstverständnis auch im Namen Rechnung zu tragen und den Ausschuss in "AWWR - Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr" umzubenennen, kam es 2009 zur Vereinsgründung und einer eigenen Satzung. Am 07.02.2010 erfolgte der Eintrag der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr e. V. ins Vereinsregister.
Noch mehr Infos zur Entstehungsgeschichte der Trinkwasserproduktion gibt es in der AWWR-Chronik.